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30.04.2009 - Fachbeitrag

Schadenersatz bei verloren gegangenen E-Mails?

Schon oft habe ich davor gewarnt, daß das Annehmen und Taggen von (vermeindlichen) Spam-Mails juristische Haftungsrisiken für den Empfänger oder das empfangende Unternehmen beinhaltet. Denn wer haftet, wenn eine echte E-Mail als Spam getaggt, aber anschließend nicht gelesen wird? Aus der Theorie wird Wirklichkeit: Derzeit bin ich mit einem Gutachten für einen Gerichtsprozeß beauftragt, wo es genau um diesen von mir immer beschworenen Schadenersatz geht. Ein Unternehmen hat seinen Kunden über eine wichtige Änderung per E-Mail informiert. Diese E-Mail wurde nachweisbar an den Provider des Empfängers ausgeliefert -- ist aber angeblich nie im Postfach des Empfängers angekommen. Da der Empfänger die Mail nicht bekommen hat, ist ihm ein vierstelliger Schaden entstanden, den er nun einklagen möchte. -Vom Versender der E-Mail wohlgemerkt, obwohl dieser zweifelsfrei die E-Mail an den Provider des Empfängers übermittelt hat. Das Resume meines Gutachtens: Der Zugang im Postfach des Empfängers kann (zumindest in diesem Fall) nicht bewiesen werden; das Gericht wird sich mit der Frage beschäftigen müssen, wer nun in diesem speziellen Fall das Risiko des Verlustes trägt. Mal sehen, was draus wird. Auch wenn dieser Rechtsstreit etwas anders gelagert ist, als die Spam-Tagging-Diskussion, so bleibt das Grundproblem trotzdem gleich: Wenn ein Unternehmen E-Mails auch bei Spamverdacht annimmt und nur taggt, statt sie zu rejecten, spielt mit dem (Haftungs-) Risko, wenn die eigenen Mitarbeiter (erwartungsgemäß) diese Mails nicht richtig lesen oder gar im großen Stile löschen.

Kommentare

4 Antworten zu Schadenersatz bei verloren gegangenen E-Mails?

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Peer Heinlein
12. October 2009 um 10:01

Das ursprüngliche Verfahren ist bis jetzt noch nicht entschieden. Mittlerweile haben wir weitere Gutachten für vergleichbare Prozesse angefertigt. Auch hier das Ergebnis: Da die Mail an den Empfangsprovider zugestellt wurde ist nach Ansicht des Gutachters der Schaden vom Empfänger zu tragen.

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Sind RBL-Listen wettbewerbswidrig? Zum Glück nicht! @Heinlein Support – Unser Blog für Linux-Admins
08. June 2010 um 23:59

[...] sondern durchaus ganz reell in laufenden Gerichtsverfahren sind, haben wir in diesem Blog ja auch bereits berichtet. Blog, Mailserver, Rechtliches, Spam AG Lüneburg, Az 7 0 80/07, RBL, Spam, Unlauterer [...]

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phei
18. July 2010 um 14:14

Die Urteile habe ich noch nicht bekommen, aber mittlerweile wurde mir berichtet, daß sämtliche Verfahren auf Basis unseres Gutachtens gewonnen wurden. Das Gericht hat sich unserer Auffassung also vollumfänglich angeschlossen.

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Peer Heinlein
05. September 2011 um 18:03

Mittlerweile sind diese Prozesse Dank unserers Gutachtens nicht nur vor Amtsgerichgten, sondern auch einwandfrei vor (mindestens) einem Landgericht so durchgegangen -- das LG hat die in unserem Gutachten vertretene Ansicht ebenso gesehen und damit juristisch bestätigt.